Nachdem ich von mehreren gebeten wurde, doch einen Reisebericht von
meinem Ausflug nach Portoroz zu schreiben, will ich dem natürlich gerne
nachkommen…

Ich habe meinen SPL nun schon seit anderthalb Jahren und bin schon gut in der Gegend rumgekommen – allerdings noch nie im Ausland. Mich faszinierte aber schon immer der Gedanke, über die Alpen ans Mittelmeer bzw. an die Adria zu fliegen. Leider hat mir dieses Jahr mein Beruf immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht, da ich an allen Tagen, an denen die Alpen frei waren, arbeiten musste. Dieses Mal schien es dann aber zu klappen…

Nachdem ich am 23.08. schon eine längere Tour (allerdings nicht in Richtung Alpen) geplant hatte, die aufgrund einer herannahenden Kaltfront aber wahrhaftig ins Wasser fiel, reservierte ich mir unseren Vereinsflieger, eine Zenair CH 601 XL „Zodiac“ für den nächsten Sonntag. Im Laufe der Woche wurde der Wetterbericht für das Wochenende immer besser – und als ich dann im Flugwetter das Meteogramm von Lienz anklickte, wagte ich kaum zu glauben, was ich sah: Sowohl am Alpennord- als auch am Alpensüdrand war kein einziges Wölkchen am Himmel zu sehen! Sollte das etwa die Gelegenheit sein, zum allerersten Mal in die Alpen einzufliegen – und sie dabei sogar direkt zu überqueren?

Ich konnte mein Glück kaum fassen! Am Samstag Abend dann sahen die Meteogramme und Wettervorhersagen für den südlichen Alpenraum weiterhin perfekt aus – und so griff ich zum Telefonhörer und rief meinen Vereinskollegen Klaus an, der mit seinem eigenen UL schon desöfteren im Alpenraum unterwegs war. Allerdings wollte er nach Verona fliegen – und da kamen Gerhard und Franz ins Spiel. Die beiden haben als Haltergemeinschaft eine C172 und schlugen vor, am kommenden Tag nach Portoroz zu fliegen.

Ich schaute mir die Location am PC genauestens an – schließlich war ich noch nie drei Stunden am Stück im Cockpit gesessen – und gab den beiden dann Bescheid, dass ich die Herausforderung annehmen und den beiden in unserer Zodiac folgen würde.

Wer unsere Zodiac noch nicht kennt: Sie ist ein recht gutmütiger Tiefdecker mit einem 100 PS Rotax-Motor, der erst vor 40 Stunden ersetzt wurde; also noch fast jungfräulich. Trotz allem spürt man aufkommende Thermik ziemlich stark, was die Reisegeschwindigkeit von knapp 200 km/h auf dann nur noch mögliche 160 km/h reduziert.

So verabredeten wir uns für den Sonntag um 7:30 Uhr auf dem Flugplatz Gruibingen-Nortel (ganz neu seit Anfang des Jahres, ICAO-Code EDSO – Flugplatzhock am 05./06.09.2015!!!), um unsere Flugzeuge vollzutanken und die Checks durchzuführen. Mit letzteren waren wir auch gegen 8:15 Uhr fertig, allerdings benötigte das Aktivieren der Flugpläne bis 9:00 Uhr, da unsere Internetverbindung immer wieder zusammenbrach und Franz die Route telefonisch durchgeben musste. Die benötigten Karten hatte Gerhard allesamt mitgebracht, sodass in beiden Fliegern ein Kartensatz vorhanden war.

Um 9:15 Uhr ging es dann endlich los – wir starteten! Da ich selbst noch NIE in den Alpen unterwegs war, entschieden wir uns dafür, dass wir eine Formation bildeten und die Cessna D-EISN die Führung übernahm. Der Vorteil dabei war, dass die Cessna ein doppeltes Funkgerät besitzt: So konnte das Führungsflugzeug sowohl mit mir funken, als auch FIS bedienen. Also, los geht′s!

Ein wunderschönes Bild, oder? 😉 Normalerweise trage ich diese Segelflieger-Kappen sehr ungern, aber da den ganzen Tag wolkenfreies Wetter vorhergesagt war, sah ich mich genötigt, bei diesem doch etwas längeren Trip eine Kappe zu tragen – nicht dass ich einen Sonnenstich bekomme!

Der erste Teil der Reise führte uns in einem ziemlich direkten Leg über den Walchen- und Kochelsee zur deutsch-österreichischen Grenze (den Rückflug habe ich aufgezeichnet – er differiert nur wegen eines kleinen Abstechers an die Zugspitze vom Hinflug, ansonsten ist alles gleich. Download hier).

Dort erhielten wir auch die Freigabe, die Kontrollzone von Innsbruck östlich zu queren und über Mittersill in Richtung des Großglockners zu fliegen.

Die Berge wurden immer höher, als wir dem Weg in Richtung Mittersill folgten:

Den Inn querten wir bei Kundl, dann ging es weiter in Richtung Mittersill.

Von Mittersill aus führte unser Weg in knapp 10.000 Fuß Höhe zwischen dem Großglockner und dem Großvenediger hindurch – dort gelang meiner besseren Hälfte der Schnappschuss der D-EISN, die uns unermüdlich den ganzen Weg nach Slowenien führte.

Außer einem kurzen „Könnt ihr fünf Knoten langsamer/schneller fliegen?“ war eigentlich im Funk zwischen unseren beiden Fliegern nicht allzuviel zu sagen – bis auf die Sehenswürdigkeiten, die mir Gerhard per Funk mitteilte.

Dann ging es zwischen den Naturschutzgebieten des Großglockners und des Großvenedigers durch – ein Anblick, den ich Zeit meines Lebens vermutlich nie wieder vergessen werde! Der Pass unter uns war noch 300 Fuß entfernt, aber davor und dahinter ging es mehrere tausend Meter nach unten – ich fühlte mich in meinem Leben noch nie so klein und gleichzeitig so groß! Aber seht selbst…

Kaum waren wir über den Alpenhauptkamm hinweg, sahen wir zu unserer Rechten die drei Zinnen der Dolomiten – der Wettergott hatte es an diesem Tag sowohl mit dem Wetter, als auch mit den Sichten mehr als gut mit uns gemeint!

Über Matrei flogen wir weiter nach Lienz, wo die Landschaft sich von den kantigen Gipfeln des Zentralmassivs zu den zerklüfteten Bergen und Schluchten der Kalkalpen wandelte:

An Lienz vorbei flogen wir dann weiter über das Drautal und das Gailtal (welche beide breit genug sind für eine Notlandung, sollte einmal der Motor streiken!) bis zur slowenischen Grenze. Dort wurden wir dann abwechselnd von Ljubljana und Wien im FIS betreut, da wir insgesamt vier Mal das überflogene Staatsgebiet wechselten. Aber erst einmal ging es am Flugplatz Bovec vorbei, wobei auch dort noch über 2.000 Meter hohe Berge das Bild bestimmten… ich überlegte mir, wie lang ein kleiner Flieger wie meiner brauchen würde, um überhaupt den niedrigsten Gipfel zu überfliegen…

Die Landschaft wurde allerdings mit jedem Kilometer flacher, was in mir eine gewisse Erleichterung auslöste: So spektakulär und faszinierend die Alpen doch sind, so bedrohlich können sie wirken, wenn man sich noch nicht auskennt! Ich war zu jedem Moment froh, dass ich Gerhard und Franz im Flugzeug vor mir wusste…

Je mehr wir aber die Gipfel hinter uns ließen, desto mehr näherten wir uns der Adria – und auf einmal glitzerte der Horizont und sogar die ersten Schiffe waren zu sehen. Ein erhabener Augenblick, den ich ganz tief in mich aufsog!

Wir flogen an Triest vorbei und von dort aus waren es nur noch wenige Kilometer bis nach Portoroz. Wir flogen als Formation an; der Türmer wollte aber als „Begleitflugzeug“ von mir nichts wissen. Ich hörte im Funk aber immer, dass er sich meiner Anwesenheit zu jedem Zeitpunkt gewahr war, sodass ich die Sicherheit hatte, beruhigt hinter unserer Cessna landen zu können.

Dort angekommen, wurden wir von Follow-Me-Mopeds und -Quads an unseren Parkplatz geführt – es war inzwischen 11:55 Uhr und sehr heiß – aber am Meer ist das gut zu ertragen! Umso froher waren wir, als wir endlich aus unseren Fliegern draußen waren und der salzige Geruch und Geschmack des nahen Meeres uns um die Nase wehte.

Am Flughafen selbst war die Abwicklung total unproblematisch: Einfach durch das Gate hindurchlaufen und eine nette Servicemitarbeiterin kümmerte sich um unsere Landung. Das Bezahlen wurde auf später verschoben, da wir vorhatten, erst einmal etwas zu essen und danach noch zu tanken. Das flughafeneigene Shuttle fuhr uns an der Saline von Portoroz und an dessen Marina entlang zu einem Restaurant (Gostišče Ribič) direkt am Ende der Saline an der Mündung zur Adria – welch ein Ausblick, und welch ein leckeres Essen!

Die Athmosphäre war fast wie in der Toskana… fast noch ruhiger! Auch surfen war hier möglich, nur das Liegen am Strand war wegen der groben Steine nicht unbedingt empfehlenswert:

Da wir morgens ja anstatt um 7:30 Uhr erst gegen 9:00 Uhr losgekommen waren, war unser Aufenthalt in Portoroz leider etwas kurz – aber es empfahl sich auf jeden Fall für einen längeren Aufenthalt! MoGas gab es an diesem Platz leider nicht, was aber nicht schlimm war. Ich hatte ein paar Wochen zuvor ein schlimmes Erlebnis mit MoGas und Blasenbildung bei Hitze (Motor komplett aus kurz nach dem Abheben), sodass ich bei hohen Temperaturen nur noch AvGas tanke. Letzteres gab es in Hülle und Fülle für 2.03 Euro pro Liter – also vergleichsweise sehr günstig!

Da wir ja nun unter Ultraleichtfliegern sind und angefragt wurde, wie das Platzbetreiberverhältnis zu uns „Leichtgewichtigen“ ist: Wir sind dort sehr gerne gesehen! Außer meiner D-MAAO waren noch ca. 20 weitere Dreiachser dort, und alle UL-Piloten, mit denen ich dort habe sprechen können, bestätigten mir den freundlichen Empfang. Das kann ich selbst nur bekräftigen… die Lande- und Abstellgebühr lag bei 20.- Euro, was für den Service mehr als angemessen war! Das Shuttle zum Restaurant und zurück lag bei 9.- Euro pro Flugzeug, war also auch absolut im Rahmen…

Leider mussten wir nun wieder los – allerdings mit einer Änderung, denn nun flog meine bessere Hälfte in der Cessna mit und Gerhard setzte sich neben mich in die Zodiac. Ich hatte ja nun die Alpen schon einmal überquert, hatte aber keinerlei Hintergrundinformationen. Diese wollte ich Gerhard nun auf dem Rückflug entlocken – also wundert euch nicht, denn die Fotos wurden nun aus der Cessna fotografiert, was den Vorteil hat, dass auch die Zodiac auf dem ein oder anderen Foto glänzen kann 🙂

Wir hoben also ab, und es ging direkt über die Salinen von Portoroz, die inzwischen ein Nationalschutzgebiet sind:

Von der Schönheit der Landschaft meiner Sinne beraubt, vergaß ich anfangs, den Flug aufzuzeichnen…

Dann endlich dachte ich daran, gaggle zu aktivieren und den Flug aufzuzeichnen.

Bei Triest bot sich ein wunderbarer Anblick des Hafens und der Stadt selbst…

Der Dunst in der italienischen Ebene hatte sich über den Tag hinweg aufgelöst, sodass wir sehr gute Sicht hatten – und so konnte sich die Zodiac perfekt in Szene setzen:

Die Berge wurden immer höher, als wir wieder an den Kalkalpen vorbeiflogen – den gesamten Flug gibt es unter folgender Adresse zum Download: http://www.marx-fds.de/Bilder/Portoroz/portoroz.kml – zu öffnen mit Google Earth, wo man dann auch Flughöhe, Geschwindigkeit etc. sehen kann!

Die Höhe der Berge war phänomenal – ich war ja schon desöfteren im Schwarzwald unterwegs, der mit bis zu 1.500 Metern ja auch nicht gerade klein ist. Aber in Kombination mit meiner Höhenangst (ja, die hab ich – aber komischerweise nicht beim Fliegen!) war es ein so erhabenes Gefühl… Adrenalin pur! Ich habe einen riesigen Respekt vor diesen unbändigen Kräften, die die afrikanische Platte mit einer unendlichen Kraft unter die eurasische Platte drücken und damit die Alpen formen…

Und weiter ging es nach oben…

Nach Lienz ging es wieder nach Matrei und von dort weiter wieder zwischen Großvenediger und Großglockner – letzterer mit Gletscher im Bild 🙂

Wie klein wir uns fühlten beim Anblick dieser Steingiganten zeigt das folgende Foto mehr als deutlich…

Die Brandenberger Alpen boten einen wunderschönen Hintergrund für das folgende Bild unserer D-MAAO:

Von dort aus beschlossen wir, nachdem wir die Freigabe von Innsbruck bekommen hatten, auf direktem Weg zum Wettersteinmassiv und der Zugspitze zu fliegen. Von dort aus gelangen uns noch wunderschöne Blicke in die Alpen hinein – wie gesagt, es war „Kaiserwetter“ für Motorflieger. Thermik war den gesamten Tag nicht vorhanden und die Luft war so ruhig wie an einem ruhigen Wintermorgen…

Von Innsbruck wurde uns dann extremer Verkehr an der Zugspitze gemeldet – aber anscheinend waren alle weg, bis wir dort ankamen, wir hatten nicht einen einzigen Flieger in Sicht, trotz extensiver Luftraumbeobachtung! Dafür gelangen uns sehr schöne Bilder vom höchsten Berg Deutschlands:

Von dort aus flogen wir dann auf direktem Wege zurück zu unserer Homebase Gruibingen-Nortel, die wir nach 45 Minuten Flug auch erreichten. Von 11.000 Fuß bei der Zugspitze sanken wir bis Ulm auf 4.000 Fuß. Interessant war, dass wir dort noch um 19 Uhr Thermik hatten, während auf der ganzen Route nichts davon zu spüren war…

Wie ihr sehen könnt, ist die Strecke nicht ganz kurz – und so muss ich auch zugeben, dass ich am Ende des Tages nach sechs Stunden Flugzeit ziemlich kaputt war. Nichtsdestotrotz hat es sich für mich als ein absoluter Glücksfall erwiesen: Während ich auf dem Hinflug nur dem Führungsflugzeug gefolgt bin, konnte ich mich auf die Landschaft neben und unter mir konzentrieren und sie mir einprägen. Und auf dem Rückflug hatte ich das Glück, mit Gerhard einen erfahrenen Alpenflieger bei mir zu haben, der mich in die Gebirgsfliegerei einweisen und mit dem ich auch den Funk zwischen den verschiedenen FIS üben konnte.

Es war für mich und meine Frau ein unvergessliches Erlebnis! Nachdem ich aber erfahren hatte, dass ich der erste „Neuling“ in unserem Verein war, der die Alpen schon bei der ersten Gebirgseinweisung direkt zweimal überflogen hatte, war ich ziemlich stolz 🙂

Ich kann euch nur empfehlen: Traut euch! Ich habe in meinem Leben noch nie solch spektakuläre Bilder gesehen… und ich freue mich schon aufs nächste Mal!

Bei Fragen dürft ihr euch gerne an mich wenden 🙂

Liebe Grüße, euer Tobias

Categories:

Tags:

Comments are closed